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Preußischer Entersäbel

In keinem Piratenfilm darf eine Szene fehlen, in der blutrünstige wilde Gestalten ein Schiff entern und dabei den Säbel schwingen. Solche Abenteuer finden in der Karibik oder anderen exotischen Gewässern statt, aber ein preußischer Entersäbel? Doch da liegt er, 73 cm lang, 1,3 kg schwer, von der Klingenschmiede Grah in Solingen hergestellt. Und selbst die Piraten sind nicht ganz fern…

Der Entersäbel eignete sich besonders für den Nahkampf auf Schiffen. Bei dem beengten Raum dort war er mit seiner kurzen und stabilen Klinge von Vorteil. Seit dem 16. Jahrhundert ist der Entersäbel bezeugt und vor allem die tonangebende britische Marine trug dazu bei, dass er sich als Standardbewaffnung von Schiffsbesatzungen verbreitete. Meist waren die Klingen nicht von bester Qualität, aber dafür preiswert in der Herstellung.

Als Dänemark 1848 Schleswig besetzte, wurde in Deutschland das Fehlen einer Bundesflotte schmerzlich bemerkt. Als Reaktion stellte man aus einem schleswig-holsteinischen Schiffsverband und der preußischen Marine in Bremerhaven eine „Nordsee-Flotille“ zusammen. Für diese Einheiten bestellte die Marine-Kommission in Solingen eine größere Zahl von Entersäbeln. Als die provisorische Bundesflotte 1852 aufgelöst wurde, übernahm Preußen den Hauptteil der Lieferung. Prinz Adalbert (1811-1873), ein Neffe König Friedrich Wilhelm III., setzte sich hier maßgeblich für die Marine ein. Er drängte darauf, dass an der Nordsee ein preußischer Marinestützpunkt eingerichtet wurde. Am Jadebusen entstand ab 1854 ein Kriegshafen, um den sich die Ansiedlung und spätere Stadt Wilhelmshaven entwickelte. Prinz Adalbert avancierte im selben Jahr zum Admiral und Oberbefehlshaber der Marine. Während des Deutsch-Dänischen Kriegs 1864 befehligte er das Ostseegeschwader, ohne in die kurzen Kampfhandlungen eingreifen zu können. Danach unterstand ihm die Marine des Norddeutschen Bundes.

Und die Piraten? Im Sommer 1856 begab sich Prinz Adalbert an Bord einer neuen preußischen Dampfkorvette auf die Fahrt ins Mittelmeer. Dabei streifte er die nordafrikanische Küste vor Marokko. Dort war vier Jahre zuvor das preußische Handelsschiff „Flora“ von den Rif-Kabylen, einem räuberischen Berberstamm, beschossen worden, wobei mehrere Besatzungsmitglieder zu Schaden kamen. Auch die Korvette geriet unter Beschuss, worauf der Prinz ein Landungsunternehmen befahl und persönlich anführte. Das Gefecht kostete einigen preußischen Matrosen das Leben und auch der Prinz wurde verwundet.

Die Zeit der Entersäbel war bald darauf vorbei. Die nunmehr kaiserlich Marine schaffte 1875 alle Enterwaffen ab. Für die inzwischen dampfgetriebenen und gepanzerten Kriegsschiffe waren Entergefechte nicht mehr vorgesehen.