schaufensterdisplay

Schaufensterdisplay, um 1930

Was für ein märchenhafter Anblick! Eine junge Frau in einem leichten weißen Kleid beugt sich über eine Quelle, um ihren Krug zu füllen. In ihrem Rücken taucht ein Zwerg auf, der ein geheimnisvolles Pulver in einen Kelch schüttet, den sie auf einem Felsvorsprung abgestellt hat. Was der neckische Wichtelmann da verabreicht hat? Das verrät uns die Werbung: „Kaiser-Natron“ – für Küche, Reise, Medizin, kurz gesagt ein Wundermittel.

Natron (chemisch Natriumhydrogencarbonat) ist auch unter dem Namen Soda bekannt. In keiner Küche durfte es im 19. und bis weit ins 20. Jahrhundert fehlen, meist im Vorratsregal in einem eigenen Porzellan- oder Steingutbehältnis griffbereit untergebracht. Die Bielefelder Firma Arnold Holste Wwe., 1886 gegründet und auf ein bereits 1825 existierendes Handelsgeschäft zurückgehend, begann um 1900 mit der Natronherstellung. Diese Zeit markiert zugleich die Entstehung der Markenartikel in Deutschland. Die industrielle Herstellung von Verbrauchsgütern schuf einen Konsumentenmarkt, auf dem die Firmen in gegenseitigem Wettbewerb standen und ihr Produkt von der Konkurrenz absetzen mussten. August Holste, der Inhaber der Bielefelder Firma, hatte dies klar erkannt und gehörte sogar wie Henkel und Lingner & Fischer (Odol) zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Markenverbandes.

Unter dem Namen „Kaiser-Natron“ und mit der Szene an der Quelle als Markenzeichen, die bis heute verwendet wird, entwickelte sich das weiße Pulver zur „cash cow“ des Unternehmens. Seine Einsatzgebiete sind enorm breit gefächert: Natron macht hartes Wasser weich, lässt sich als Brause trinken, wird zum Backen und Einmachen benutzt, macht Silber blank, hilft als Mundwasser und gegen Übersäuerung des Magens und und und… Die Werbemittel für das Wunderpulver waren äußerst vielfältig und bunt. Eines der schönsten ist sicher unser Schaufensterdisplay, das bereits elektrifiziert ist und unter Strom den auf Glas gemalten Wasserfall zum Leuchten bringt. Und so vermittelt es einen der bis heute gültigen Grundsätze der Werbung, nämlich einen banalen Gegenstand in ein märchenhaftes Gewand zu kleiden.