Mütze des Jungdeutschen Ordens ·

Die Kopfbedeckung aus graugrünem Filz mit einem schwarz lackierten Mützenschirm sieht erst einmal wenig spektakulär aus. Dennoch führt sie mitten hinein in die politisch bewegten Jahre der Weimarer Republik. Unter der Kokarde erscheint das achtzackige Kreuz des Jungdeutschen Ordens, das die Mütze einer der schillerndsten politischen Organisationen dieser Zeit zuweist.

Mitte der 1920er Jahre hatte der Jungdeutsche Orden ungefähr 200.000 Mitglieder in ganz Deutschland. Gegründet wurde der Orden 1920 in Kassel durch den Berufsoffizier Artur Mahraun. Er war von den Idealen der Jugendbewegung geprägt und wählte sich den Deutschen Orden des Mittelalters als Vorbild im Sinne einer nationalen, von Standesschranken und parteipolitischen Erwägungen freien Gruppierung. Die Anfänge des Jungdeutschen Ordens liegen im Spannungsfeld der paramilitärischen Wehrverbände, die in den unruhigen Anfangsjahren der Republik die staatlichen Organe in Atem hielten. Während der französischen Ruhrbesetzung trat der Orden letztmalig in diesem Zusammenhang auf. Der von den Franzosen wegen Sabotageakten 1923 hingerichtete Albert Leo Schlageter, der später als nationaler Märtyrer verehrt wurde, soll Ordensmitglied gewesen sein.

Als die Weimarer Republik danach eine kurze Phase der Konsolidierung erreichte, lenkte Mahraun seine Organisation allmählich vom rechten Rand näher an die politische Mitte. Er setzte sich für eine Verständigung mit Frankreich ein und akzeptierte die Weimarer Verfassung. 1927 veröffentlichte Mahraun sein „Jungdeutsches Manifest“, das als Vision einen Volksstaat propagierte, der auf „Nachbarschaften“ als kleinsten Einheiten aufgebaut war. Das hierarchische Prinzip prägte auch den Jungdeutschen Orden selbst, der in Westfalen, Hessen, Thüringen und Sachsen seine Hochburgen hatte. Neben den sogenannten Bruderschaften entstanden seit 1921 Schwesternschaften, die vor allem im Bereich der Kultur- und Traditionspflege tätig waren. Der Jungdeutsche Orden entwickelte ein eigenes Vereinsleben mit Zeitschriften, Erholungsheimen, Ausflugsfahrten und Kulturveranstaltungen.

In der Endphase der Weimarer Republik verlor Mahrauns Organisation zunehmend Mitglieder, die zu weiter rechts stehenden Parteien wie der DNVP oder der NSDAP abwanderten. Zusammenstöße mit den Nationalsozialisten häuften sich, so 1929 in Bad Oeynhausen, als eine Versammlung des Ordens von der SA gesprengt wurde. Bei der Reichspräsidentenwahl 1932 setzte sich der Orden für die Wiederwahl Hindenburgs gegen Hitler ein. Ein letzter großer Einsatz galt dem Freiwilligen Arbeitsdienst, den der Jungdeutsche Orden angesichts der Massenarbeitslosigkeit ins Leben rief. In Absprache mit der Reichsregierung wurden die Teilnehmer für Bodenmeliorationen, Siedlungs- und Straßenbauarbeiten eingesetzt. Bald nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde der Jungdeutsche Orden verboten. Im Juli 1933 wurde Artur Mahraun verhaftet und von der Gestapo misshandelt. Einige Monate später kam er frei, aber die Nationalsozialisten überwachten ihn und seine Anhänger, die dennoch im Geheimen Kontakt untereinander hielten. Mahraun starb 1950 in Gütersloh und war bald ebenso vergessen wie sein Jungdeutscher Orden, der ein Jahrzehnt lang ein nicht unbedeutender Faktor in der ersten deutschen Republik gewesen war.