Tasse zum Schützenfest •

„Es giebt doch wenige Städte Westfalens, wo der Unterschied von Vornehm und Gering, von Arm und Reich so streng beobachtet, und die Geselligkeit im Verkehr der Bürger untereinander so sehr entbehrt würde. Dieser Vorwurf, den uns jeder Fremde macht,… wird vielleicht verschwinden, wenn erst durch… ein vieljähriges Bestehen des allgemeinen Schützenfestes die Bürger einander näher gebracht werden.“ Diese Hoffnung, die der Gymnasiallehrer Heinrich Wilhelm Schubart in seiner Beschreibung der Stadt Bielefeld 1835 äußerte, sollte sich bewahrheiten.

Tatsächlich war die Gründung der Bielefelder Schützengesellschaft am 29. Juli 1831 ausdrücklich zum Zweck der „Belebung und Beförderung des Gemeinsinns und der Eintracht der Bielefelder Bürger“ erfolgt. Dieser Zweck sollte vor allem durch ein großes Bürger- und Schützenfest erreicht werden, das im August 1831 erstmals stattfand. Im Lauf der Zeit wurde das Schützenfest zu einem öffentlichen Ereignis, das mit seinen Umzügen und Festivitäten erstaunliche Menschenmassen mobilisierte.

Für das erste Fest ließ der Vorstand der Schützengesellschaft eine gewisse Anzahl von Tassen anfertigen, die unter den Festgästen verlost wurden. In der Zeit des Biedermeier waren solche Tassengeschenke sehr beliebt. Man kaufte preiswertes Weißporzellan und ließ es mit Widmungen, Sinnsprüchen und allegorischen Darstellungen bemalen. Die Schützenfesttasse, die sich in leider recht ramponiertem Zustand im Historischen Museum erhalten hat, zeigt in feiner Malerei das Bielefelder Stadtwappen, flankiert von zwei sich lässig anlehnenden Schützen mit ihren Flinten. Sie tragen eine weiße Hose, einen schwarzen Rock und Zylinder, an dem vorn als Abzeichen das Stadtwappen befestigt war.

Schon auf den mittelalterlichen Siegeln repräsentiert ein zinnenbewehrtes Stadttor mit dem Sparrenwappen die Stadt Bielefeld. Auf der Tasse ist eine imposante Anlage zu sehen mit zwei mehrgeschossigen Türmen, die das Tor in schwerer Rustikamauerung mit einem Fallgatter rahmen. In der Einfahrt erscheint der Sparrenschild, während der preußische Adler über dem Torbogen thront. In ganz ähnlicher Form zierte das Tor das Titelblatt der „Öffentlichen Anzeigen für die Grafschaft Ravensberg“, die damals einzige Zeitung Bielefelds. Das Vorbild für die in Renaissanceformen gehaltene Toranlage war ein Wappenstein von 1587, der sich ursprünglich an der Ratskammer des Rathauses am Alten Markt befand. Heute ist er auf einem Flur im ersten Geschoss des Neuen Rathauses eingemauert.

Das Schützenfest 1931 stand ganz im Zeichen des hundertjährigen Jubiläums. Die Schützen hatten sich im Stil ihrer Vorfahren gekleidet und auch die Tasse erlebte eine Neuauflage – nun allerdings nicht bemalt, sondern industriell bedruckt.