Staubsauger Miele „Melior“ •

Wer in der Schule Latein gelernt und seither nicht alles vergessen hat, kann mit Befriedigung feststellen, dass diese Kenntnisse sich manchmal im Alltag auszahlen. Um 1900 waren gerade im Bereich der Produktwerbung lateinische Wörter oder Sinnsprüche sehr verbreitet. „Melior“ bedeutet „besser“ und ist ein Teil der Devise der Firma Miele „semper melior“ = „immer besser“. Darin liegt ein Qualitätsanspruch, der mit dem Erreichten nie zufrieden ist, sondern immer darüber hinausgehen möchte. Er hat wesentlich zum Erfolg des ostwestfälischen Unternehmens beigetragen.

Die Anfänge des heutigen „global player“ hätten kaum ländlich-bescheidener sein können: Am 1. Juli 1899 gründeten Carl Miele und Reinhard Zinkann in Herzebrock eine Fabrik zur Herstellung von Milchzentrifugen. Auch der nächste Artikel, den die jungen Unternehmer fabrizierten, blieb dem ländlichen Umfeld verhaftet. Das Rührwerk der hölzernen Buttermaschine war jedoch ebenso geeignet, in einer Bottichwaschmaschine Dienst zu tun, die Miele und Zinkann gleichzeitig ins Programm aufnahmen. Damit war der Weg zu Haushaltsgeräten beschritten, die, nach manchen Seitenwegen, bis heute das Kerngeschäft des Unternehmens ausmachen, das 1907 ins benachbarte Gütersloh übersiedelte.

Allen Produkten war gemeinsam, dass sie noch per Muskelkraft über eine Kurbel angetrieben werden mussten. Erst kurz vor dem Ersten Weltkrieg gelang es, Elektromotoren so zu verkleinern, dass sie in ein Haushaltsgerät eingebaut werden konnten. Nach dem Krieg setzte sich die Elektrifizierung der Haushalte in Deutschland langsam durch und die Zahl der Geräte, die das Leben der Hausfrau erleichtern sollten, wuchs. Am schnellsten drang jetzt der Staubsauger in die Wohnungen vor. Während der durchschnittliche Haushalt noch lange mit Staubtuch und Teppichklopfer der Verschmutzung zu Leibe rückte, hatten deutsche Firmen wie AEG, Siemens und seit 1927 auch Miele für die gutsituierte Familie eine technische Lösung im Angebot.

Der „Melior“ gehört zu den Kesselstaubsaugern, die für große Wohnungen, Büro- und Praxisräume gedacht waren. Eine Besonderheit besteht darin, dass der Motor in einem Bakelitgehäuse sitzt, um einem Kurzschluss vorzubeugen. Das Gehäuse ist in einer geräuschdämpfenden Gummiaufhängung gelagert. Unser Museumsstück stellt die Luxusausführung mit Fahrgestell und verchromtem Oberteil dar. Mit allem Zubehör kostete der „Melior“ 165 Reichsmark und war nur für dickere Geldbeutel erschwinglich. Wer den Staubsauger geschmackvoll in der guten Stube unterbringen wollte, konnte zusätzlich einen zierlichen Staubsaugerschrank für 35 Reichsmark erwerben. Wenige Jahre später fügte Miele dem Kesselstaubsauger ein kolbenförmiges Modell für kleinere Wohnungen hinzu, das liegend auf Kufen oder Rollen gezogen wurde.

Der „Melior Luxus“ des Historischen Museums kam übrigens aus dem Miele-Zweigwerk in Bielefeld, das 1916 errichtet wurde und unter anderem die Staubsaugerfertigung übernahm. Ein Bielefelder Ehepaar hat ihn 1937 für die erste gemeinsame Wohnung angeschafft. Ihr Sohn benutzte den Staubsauger noch bis in die 2000er Jahre, bevor er ihn, wenn auch nicht ganz vollständig, dem Museum übergab – sicher eine Bestätigung für Qualitätsarbeit made in OWL.