Es sieht etwas derangiert aus, aber schließlich konnten die Empfänger es sicher kaum erwarten, an den Inhalt zu kommen. Das 20 x 31 x 29 cm messende Paket enthielt viele Dinge, die den Menschen in Deutschland in den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren wie Boten einer besseren, längst vergangenen Zeit erschienen. Vor 70 Jahren, genauer im August 1946, begann die Hilfsorganisation CARE mit ihren Lieferungen in das kriegszerstörte Deutschland, die zunächst im Hafen von Bremen ankamen und von dort ihren Weg zu den Empfängern fanden.
Die Aktionen von CARE hatten einen gewissen Vorläufer in den Quäkerspeisungen, die nach dem Ersten Weltkrieg von amerikanischen und britischen Anhängern dieser Glaubensrichtung in deutschen Großstädten vor allem für Kinder durchgeführt wurden. Auch Bielefeld profitierte seit 1920 von diesem karitativen Engagement. Am 27. November 1945 taten sich in den USA 22 Wohlfahrtsverbände zusammen und gründeten die Organisation CARE (Cooperative for American Remittances to Europe). Mit einem Pakethilfsdienst wollten sie die Not in ganz Europa lindern. Seit Juni 1946 konnten Hilfsgüter in die amerikanische und britische Besatzungszone gesandt werden, im Dezember folgte die französische Zone, während die Sowjetzone außen vor blieb. Die Pakete finanzierten private Spender, wobei die Organisation eine günstige Gelegenheit nutzen konnte. Sie erwarb 2,8 Millionen überschüssige Rationspakete vom Militär, die ursprünglich für die Versorgung der US-Armee im Fernen Osten vorgesehen gewesen waren.
Ein Standardpaket von CARE enthielt 500 g Rindfleisch in Kraftbrühe, 500 g Steaks und Nieren, 250 g Leber, 250 g Corned Beef, 375 g „Prem“ (Fleisch zum Mittagessen), 250 g Speck, 1 kg Margarine, 500 g Schweineschmalz, 1 kg Zucker, 500 g Honig, 500 g Schokolade, 500 g Aprikosen-Konserven, 250 g Eipulver, 1 kg Vollmilchpulver, 1 kg Kaffee und 500 g Rosinen. Es kostete rund 15 US-Dollar und hatte einen Nährwert von etwa 40.000 Kilokalorien. Die karge Lebensmittelzuteilung im Nachkriegsdeutschland, bei der wegen der fehlenden Infrastruktur die Versorgung der Bevölkerung nur schleppend vorankam, sah 1947 mancherorts nur noch 800 Kalorien pro Tag vor. In dieser Misere stellte ein CARE-Paket ein wahres Gottesgeschenk dar.
Allerdings bekamen nur Menschen ein Paket, die Verwandte oder Freunde in den USA hatten. Den dramatischen Höhepunkt der Hilfslieferungen bildete die Luftbrücke nach Westberlin. Am 24. Juni 1948, kurz nach der Währungsreform, hatte die Sowjetunion alle Zufahrtswege nach Berlin gesperrt. Um die Blockade, die bis zum 12. Mai 1949 andauerte, zu umgehen, geschah die Versorgung des Westteils der Stadt nun aus der Luft. Mehr als 200.000 CARE-Pakete gelangten so in die Stadt und trugen wesentlich dazu bei, dass die Blockade als unwirksam aufgehoben wurde. Erst am 30. Juni 1960 stellte CARE die Hilfslieferungen für die Bundesrepublik Deutschland ein, die inzwischen mitten im Wirtschaftswunder angekommen war. Seit August 1946 hatte die Organisation Güter im Wert von mehr als 400 Millionen DM nach Deutschland geschickt. Jetzt konnte sie sich anderen notleidenden Regionen der Welt zuwenden.