Uranglas •

Mit gutem Recht kann man angesichts dieses Ensembles von „strahlender Schönheit“ sprechen. Es besteht aus einem Tablett, zwei Karaffen, einer Dose und einem Becher und fällt durch seine Farbe sofort ins Auge. Sie changiert zwischen zitronengelb und neongrün und lässt an die grellen Farben denken, die in der Natur oft Gefahr signalisieren. Tatsächlich war man sich aber lange nicht der Gefahr bewusst, die von dem Stoff ausgeht, der diesem Glas seine besonderen Qualitäten verleiht.

Der Apotheker und Naturforscher Martin Heinrich Klaproth (1743-1817) experimentierte 1789 mit verschiedenen Erzen aus sächsischen und böhmischen Bergwerken. Aus den Rückständen von Pechblende, einem unansehnlichen schwarzen Erz, gelangte er zu einem metallischen Pulver, das er für ein neues Element hielt und ihm den Namen „Uranium“ gab. In der Mitte des 19. Jahrhunderts stellte ein französischer Forscher fest, dass es sich bei Klaproths Entdeckung um Uranoxid gehandelt hatte. Er erhielt schließlich reines Uran, dessen Radioaktivität Henri Becquerel 1896 nachwies, ohne seine Schädlichkeit für den menschlichen Organismus zu erkennen. Marie und Pierre Curie beschäftigten sich weiter mit dem Stoff und entdeckten später die Elemente Polonium und Radium, starben aber an der tödlichen Strahlendosis.

Von solchen tragischen Nebenwirkungen ist das Uranglas glücklicherweise weit entfernt. Die Strahlung ist nicht höher als in der natürlichen Umgebung oder bei Haushaltsgeräten wie Fernseher oder Mikrowelle. Allerdings können Säuren in Speisen oder Getränken gesundheitsschädliche Bestandteile herauslösen, sodass die Gläser nicht benutzt, sondern als reine Ziergegenstände angesehen werden sollten. Im 19. Jahrhundert war diese Vorsicht noch nicht gegeben. Franz Xaver Anton Riedel, der Besitzer einer Glashütte in Böhmen, war in den 1830er Jahren der erste Produzent von Uranglas. Er benannte die Farbvarietäten nach seinen beiden Töchtern „Annagelb“ und „Eleonorengrün“. Je nach den chemischen Zusätzen, die außer Uranoxid in die Glasmasse gemengt wurden, ließen sich auch andere Farbtöne von bernsteingelb über apfelgrün bis tiefrot erreichen,

Die Herstellung von Uranglas blieb nicht auf Böhmen beschränkt. Frankreich, Belgien, England und die USA, wo es ebenfalls Abbaustätten für Pechblende gab, folgten rasch. Während die Gläser aus der Biedermeierzeit mundgeblasen und aufwändig verziert sind, stammen unsere Exemplare vom Ende des Jahrhunderts, als preiswertes, in Formen gepresstes Glas industriell produziert wurde. Dann verlor das Uranglas seine Beliebtheit, hatte aber in den 1930er Jahren noch einmal eine Renaissance, diesmal in Form von Ziergläsern und Glasobjekten.

Der besondere Reiz des Uranglases wird bei Dunkelheit im UV-Licht sichtbar, wenn es faszinierende Fluoreszenzeffekte zeigt. Aber bereits im Sonnenschein verwandelt es für das menschliche Auge unsichtbare Bestandteile in grünes und gelbes Licht und sogar die Massenware aus Pressglas in eine strahlende Schönheit.