Tesafilmabroller •

Eine Wurst mit Tesafilm zu umwickeln ist eine groteske und auch nicht sehr appetitliche Vorstellung. Dennoch lag darin eine der ersten Verwendungen des Produkts mit dem eingängigen Namen, der für alle Arten von Klebestreifen zur Gattungsbezeichnung werden sollte. Dahinter stand ein 1882 von dem Apotheker Paul C. Beiersdorf in Hamburg gegründetes Unternehmen, das mit medizinischen Pflastern in den Markt eingestiegen war und damit Expertise in Klebstoffen bewiesen hatte.

Hinter dem Namen Tesa verbirgt sich die Sekretärin Elsa Tesmer, die vor dem Ersten Weltkrieg im Kontor der Firma Beiersdorf arbeitete. Aus den ersten beiden Buchstaben ihres Nachnamens und den Endbuchstaben ihres Vornamens entstand der neue Markenname. Bevor er sich mit den Klebestreifen verband, diente er als Bezeichnung für eine Patenttube und eben für eine künstliche Haut für Wurstwaren, beide mit wenig Erfolg gekrönt. Erst als der Name Tesa 1936 auf den bis dato wenig beachteten  Kautschuk-Klebefilm von Beiersdorf übertragen wurde, verhalf er dem Produkt zu ungeahnter Popularität.

Neben einer gut geölten Werbemaschinerie und dem Nutzen der Klebestreifen trug der praktische Abroller, der bereits in den 1930er Jahren hinzukam, bis heute zum Erfolg von Tesafilm bei. Dabei gab es zwei Ausführungen: eine schwere als Tischabroller für Geschäfte und Büros und eine leichte für den Haushalt. Besonders formschön war ein tropfenförmiges Modell mit einem großen Loch in der Mitte, das sich gut in die Hand schmiegte und dem Stromliniendesign nahe stand. Der Abriss erfolgte über eine Zähnung an der Zuspitzung des Abrollers. Unser fünfeckiges Modell stammt vom Anfang der 1950er Jahre und trägt die Devise Zum Kleben – Flicken – Basteln, die den Einsatzrahmen des Produkts umreisst. Auf der Rückseite ist ein Zentimetermaß angebracht, um die Länge des abgerollten Streifens messen zu können. Diese beiden Modelle des Abrollers, so verschieden sie äußerlich sind, teilen eine dunkle rotbraune Farbe, die auf das Material hinweist, nämlich Bakelit.

Der belgische Chemiker Leo Hendrik Baekeland (1863-1944) entwickelte 1909 den ersten vollsynthetischen Kunststoff aus einer Verbindung von Phenol und Formaldehyd. Das stabile, hitzebeständige Kunstharz, das nach seinem Erfinder genannt wurde, gehört zur Gruppe der Duroplaste und bot sich für eine vielfältige industrielle Nutzung an. Im Gegensatz zu anderen frühen Kunststoffen hat Bakelit immer eine dunkle Färbung in Schwarz-, Braun- oder Rottönen. Das widerstandsfähige Material eignete sich hervorragend, um die industrielle Warenwelt der Zwischenkriegs- und Nachkriegszeit in Form zu bringen. So stellen die Hülle des Abrollers und der Klebefilm darin zwei Spitzenprodukte der chemischen Industrie des 20. Jahrhunderts dar, die ihren Siegeszug um die Welt angetreten haben.