Rolltuch, um 1900
Obwohl es seit langem bügelfreie Hemden und andere Textilien gibt, gehört das Bügeln auch heute zu den häufigen und meist nicht sehr beliebten Arbeiten im Haushalt. Dabei wird der Stoff durch die Hitze geglättet. Es gibt jedoch noch einen anderen Weg zu faltenfreier Wäsche: durch starken Druck. Teilweise bis in die 1950/60er Jahre boten in den Städten Kaltmangeln ihre Dienste an. Für diese Art der Wäschepflege war das Rolltuch unentbehrlich.
Die manchmal mehrere Meter langen Kastenmangeln waren oft einer Wäscherei oder Seifenhandlung angeschlossen. Anfangs wurden sie durch einen Pferdegöpel oder durch Muskelkraft bewegt, später half ein Elektromotor. Er ließ den mit Steinen gefüllten schweren Holzkasten langsam hin- und herrumpeln. Die Hausfrau fuhr den Kasten zunächst auf eine Seite, wickelte ihre Wäsche ordentlich um eine massive Holzrolle, legte sie vor den Kasten, schloss das Schutzgitter und schon setzte sich das hölzerne Ungetüm knarrend in Bewegung und über die Rolle hinweg. War der Kasten auf der anderen Seite angekommen, konnte das Spiel in der Gegenrichtung wieder beginnen.
Um die Wäsche beim Mangeln vor Schmutz zu schützen und sie um die Rolle zu fixieren, benutzte man ein Rolltuch. Durch industrielle Webverfahren war es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts möglich geworden, aufwändige Bildmotive preiswert herzustellen. Die dekorativen Rolltücher, die kaum der Abnutzung unterlagen, gehörten zum festen Bestandteil der Aussteuer. Unser Beispiel misst 187 x 85 cm und zeigt eine fröhliche Hausfrau, die im Garten ihre Wäsche aufhängt. „Bei schönem Wetter und Sonnenschein / trocknet und rollt sich´s fein!“ Dieser Spruch rahmt die Abbildung einer Holzrolle. Zwei gekreuzte Rollen und die vereinfachte Darstellung einer Kastenmangel zieren im Wechsel zusammen mit einer Girlande die rote Bordüre des Tuchs.