Der Bau eines neuen Hauses ist noch immer eine kosten- und zeitintensive Angelegenheit, wie wohl jeder Bauherr bestätigen kann. Das trifft umso mehr für öffentliche Gebäude zu. Daher haben sich rund um den Baubeginn und den Fortschritt des Baues verschiedene Zeremonien entwickelt, die einen glücklichen Fortgang der Arbeiten herbeiwünschen und Bauherrn, Werkleute und eventuell spätere Nutzer vereinen: der erste Spatenstich, die Grundsteinlegung, das Richtfest, die Einweihung. Dass unser ungewöhnliches Objekt einen Bezug zum Baugewerbe hat, lässt sich an der Form eines Maurerhammers erkennen. Der silberfarbene Hammerkopf mit vielen Gravuren macht aber rasch klar, dass es sich hier um ein Werkzeug für spezielle Gelegenheiten handelt.
Beim Baubeginn von meist öffentlichen Gebäuden wird bis heute ein Grundstein in die Erde versenkt, der in der Regel hohl ist. Er enthält oft aktuelle Zeitzeugnisse wie Tageszeitungen, Münzen, Baupläne und andere symbolische Gegenstände. Begleitet von traditionellen Weihe- und Segenssprüchen klopft man mit diesem besonderen Hammer auf den Grundstein. Erst wenn das Gebäude später einmal zerstört wird, kommt dieser mit seinem Inhalt wieder ans Tageslicht.
Der Grundsteinhammer im Historischen Museum besteht aus einem schwarz lackierten gedrechselten Stiel und einem Kopf aus Stahl. Dieser trägt, auf alle Flächen verteilt, die Grundsteinlegungsdaten von 16 Gebäuden. Das früheste stammt aus dem Jahr 1885, das späteste von 1899. Offensichtlich wurden die Gravuren in feiner Schreibschrift ohne geplante Aufteilung angebracht, denn die Datierungen haben keine logische Reihenfolge. Die Palette der genannten Bauten ist sehr bunt. Neben Kirchen erscheinen zwei Krankenhäuser, eine Schule und mehrere Geschäftshäuser.
Die Mehrzahl der erwähnten Gebäude befand oder befindet sich in Bielefeld. Der Hammer hält die Grundsteinlegung der Kirche in Brackwede am 15. 5. 1891 ebenso fest wie den Erweiterungsbau der reformierten Kirche am 2. Juli desselben Jahres. Die katholische Schule 1887, das katholische Krankenhaus 1894, das Schützenhaus auf dem Johannisberg 1894, aber auch die Geschäftshäuser Buddeberg 1888 und Modersohn 1899 sind vermerkt. Allerdings greift die Auflistung weit über Bielefelds Stadtgrenzen hinaus: Halle, Bünde, Melle, die Schlosskapelle auf Haus Brincke, ja sogar ein Kirchenbau in Gronau sind vertreten. Der gemeinsame Nenner dieser unterschiedlichen Bauprojekte war der Architekt Alexander Trappen. Geboren 1853 in Krefeld, erhielt er seine Ausbildung in Hannover und war seit 1880 in Bielefeld als Baumeister tätig, wo er 1930 verstarb.
Die Flächen, die der Hammer bot, waren durch Gravuren nahezu ausgefüllt. So ist anzunehmen, dass Trappen sich einen neuen anfertigen ließ und der alte über ihn oder seine Nachkommen ins Museum gelangt ist.