Relief Rheinlandbesetzung •

Eine idyllische Flusslandschaft, eine Ortschaft mit Kirche, eine alte Burg auf dem Hügel, rechts und links Weinreben – der Gedanke an den Rhein würde sich dem Betrachter wohl auch ohne die Schriftzeile „Deutsch ist der Rhein!“ aufdrängen. Das Relief besteht aber weder aus Silber, wie der erste Blick vermuten lässt, noch will es eine touristische Idylle vermitteln. Im Gegenteil verweist es auf einen dramatischen Konflikt, der vor rund hundert Jahren Deutschland beschäftigte.

Im Vordergrund ist ein junger Mann mit einer Fahne abgebildet, der sich nach hinten wendet, wo weitere Fahnen eine marschierende Gefolgschaft andeuten. Er hält geöffnete Handfesseln in der Faust. Damit lässt sich das Relief als Reaktion auf die alliierte Besetzung des Rheinlands nach dem Ersten Weltkrieg lesen. Nach der Niederlage des Deutschen Reiches 1918 musste die neue Reichsregierung hinnehmen, dass die Siegermächte alle linksrheinischen Gebiete sowie drei rechtsrheinische Brückenköpfe mit den Städten Mainz, Koblenz und Köln und ihrem Umland besetzten. Außerdem wurde eine breite entmilitarisierte Zone eingerichtet. Diese Maßnahmen sollten einerseits Frankreich Sicherheit vor einem erneuten deutschen Angriff verschaffen, andererseits als Druckmittel für die von Deutschland zu leistenden Reparationszahlungen dienen.

Als diese Zahlungen aufgrund der wirtschaftlichen Situation Deutschlands nach dem Krieg nicht in vereinbarter Höhe eingingen, besetzte Frankreich 1923 auch das Ruhrgebiet und weitere Gebiete am Rhein. Obendrein unterstützte es separatistische Bewegungen im Rheinland und in der Pfalz, die eine Rheinische Republik unter Frankreichs Ägide errichten wollten. Die Auseinandersetzungen mit den Separatisten und der passive Widerstand der Bevölkerung im Ruhrgebiet („Ruhrkampf“), der mit Sabotageakten auch in direktes Handeln umschlagen konnte, erschütterten die junge Weimarer Republik. In vielen Regionen fanden Solidaritätsbekundungen mit der Bevölkerung der besetzten Gebiete statt. In Bielefeld veranstaltete der „Ravensberger Rheinlandbund“ vom 11. bis 18. Oktober 1924 eine Opferwoche auf dem Johannisberg. Das Schützenhaus wurde in eine „Stätte rheinischer Heimatkunst und rheinischen Frohsinns“ verwandelt. Zweck des Festes, dessen Reinerlös die Not im Rheinland lindern sollte, war es, „allen Besuchern klar zu machen, wie schön der Rhein und das gesamte Rheinstromgebiet ist, welches jetzt unter der gepanzerten Faust des Feindes ächzt und stöhnt…“

Bis zum Juli 1930 zogen sich die Alliierten aus allen besetzten Gebieten zurück, nachdem Deutschland mit dem Young-Plan realistischere Bedingungen für die Begleichung der Reparationsschuld erreicht hatte. Eine nationale Befreiungsfeier mit Reichspräsident Hindenburg machte noch einmal deutlich, wie sehr die Besetzung das Nationalgefühl strapaziert hatte. Unser Relief, hergestellt von der kunstgewerblichen Anstalt Georg Bommer in Berlin, gibt diesem Empfinden Ausdruck. Die gegossenen Metallreliefs dieser Firma mit einem silberfarbenen Überzug haben sich in relativ großer Zahl erhalten. Auffällig ist ihre Plastizität, meist ragt ein Teil weit aus der Bildfläche hervor. Politische Motive kommen eher selten vor, es überwiegen allegorische Figuren, Genreszenen, Hunde und Pferde. Über Bommer und seine Firma ist kaum etwas bekannt. Hier bleibt für die Forschung noch einiges zu tun.