Terrazzoplatte •

In vielen Kirchen und öffentlichen Gebäuden, aber auch in Mietshäusern und Bauernhöfen, die in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg errichtet wurden, trifft man auf solche dekorativen Fußböden. Sie waren auch in Westfalen so verbreitet, dass nur der Name „Terrazzo“ einen Hinweis gibt, dass es sich bei diesem kunstvollen Bodenbelag ursprünglich um einen Import aus Italien handelt.

Bereits in der Antike war die Technik bekannt, auf einen Zementestrich eine Schicht aus zerkleinerten Farbsteinen aufzubringen und mit Mosaiksteinchen zu verzieren. Diese Deckschicht wurde aufgewalzt und musste dann austrocknen. Danach wurde sie geschliffen und poliert und ergab einen ebenso robusten wie ansehnlichen Boden, der vor allem in Fluren und Eingangshallen Verwendung fand.

Seit dem 16. Jahrhundert bildete sich Venedig mit seinem Herrschaftsgebiet als Hauptverbreitungszentrum des Terrazzo heraus. Die Handwerker, die in den venezianischen Palästen und Kirchen die Böden anfertigten, kamen meist aus dem Friaul im venezianischen Hinterland. Dort gab es Steinbrüche, in denen die Zuschlagstoffe für den Terrazzo wie Marmor, Granit und Kalkstein abgebaut wurden. In dieser kargen, steinigen Gegend war sonst kaum Arbeit zu finden und so wanderten die „Terrazai“ in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch über die Alpen nach Deutschland, wo sie bei der damals regen Bautätigkeit rasch Beschäftigung fanden. Um 1900 nahmen viele Arbeit suchende Italiener diesen Weg. Über 100.000 waren im Deutschen Reich vor allem im Bergbau und auf Baustellen unter oft beklagenswerten Bedingungen tätig.

Die „Terrazai“ als ausgewiesene Spezialisten hatten es besser. Wenn sie geschickt waren, konnten sie einen gutgehenden Gewerbebetrieb aufbauen. In Ostwestfalen teilten sich einige italienische Firmen den regionalen Markt auf. Unsere schöne Platte stammt von Luigi de Marco, der 1901 in Bielefeld sein Geschäft eröffnete. Er war 1875 in Fanna in der Provinz Udine geboren und folgte als junger Mann seinem Onkel nach Berlin, der dort als Terrazzoleger arbeitete. Nach seiner Lehrzeit in verschiedenen Firmen wagte er die Selbständigkeit in Bielefeld und war erfolgreich. 1911 heiratete er Emma Kassebrock und gründete eine Familie. Er beschäftigte ausschließlich italienische Landsleute. Im Ersten Weltkrieg musste er sie als feindliche Ausländer zurückschicken und die Firma stilllegen, konnte aber nach Kriegsende in kleinerem Umfang weiterarbeiten. Teile seines Nachlasses befinden sich im Historischen Museum und berichten von einem frühen und erfolgreichen Beispiel für Arbeitsmigration.