Laterna magica •

„Die Zauberlaterne des Lebens warf jetzt ordentlich spielend bunte laufende Gestalten auf seinen Weg; und die Abendsonne war das Licht hinter den Gläsern.“ Mit dieser Metapher lässt Jean Paul in seinem Roman Flegeljahre (1804/05) dem Notar Walt auf seiner Wanderung Personen und Geschehnisse begegnen. Zu dieser Zeit hatte die „Zauberlaterne“ (Laterna magica) bereits ihren ersten großen Auftritt gehabt.

Bei der Laterna magica handelt es sich um eine Vorrichtung zur Projektion, bestehend aus einem Kasten mit einer Lichtquelle im Inneren. Das Licht tritt durch eine Öffnung mit einem Linsensystem an der Vorderseite aus, wobei ein Hohlspiegel hinter der Lichtquelle die Helligkeit erhöht. Zwischen der Kastenwand und den Linsen ist eine Halterung montiert, in die Darstellungen auf einem transparenten Bildträger eingeschoben und damit auf eine weiße Fläche projiziert werden können. Damit lässt sich die Laterna magica als Vorläuferin der Dia- und Filmprojektion ansprechen.

Die genaue Entstehung der Laterna magica liegt im Dunkeln. Im 17. Jahrhundert machte die Optik große Fortschritte und der berühmte holländische Gelehrte Christian Huygens (1629-1695) wird mit der Erfindung in Verbindung gebracht. Um 1660 gibt es Berichte aus England, Frankreich und Dänemark von Vorführungen solcher Zauberlaternen. Der Jesuit und Universalgelehrte Athanasius Kircher (1602-1680) fügte 1671 seinem Werk Ars magna lucis et umbrae (Die große Kunst von Licht und Schatten) erstmals eine Abbildung des Apparats bei, der allerdings bei dieser Anordnung nicht funktioniert hätte.

Im 18. Jahrhundert wurde die Laterna magica als Vergnügen und Zeitvertreib entdeckt. Umherziehende Schausteller und Projektionisten luden das Publikum zu Vorführungen vor ausgespannten Bettlaken in mehr oder minder geeigneten Räumen ein, die man ihnen zur Verfügung stellte. Mit handgemalten Bildstreifen auf Glas gaben sie, begleitet durch Erläuterungen oder auch Lieder, Einblicke in fremde Länder, erzählten Legenden, Sagen oder humoristische Szenen. Als im späten 18. Jahrhundert Schauergeschichten in Mode kamen, ergötzte man sich an Geistererscheinungen, die mit der Laterna Magica und zahlreichen illusionistischen Tricks hervorgerufen wurden. Parallel dazu fand der Apparat eine ganz nüchterne Verwendung zur Projektion z. B. seit 1780 in den Vorlesungen des Physikers und Schriftstellers Georg Christoph Lichtenberg.

Durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert war es möglich, die Laterna magica als Massenartikel für den Privatgebrauch herzustellen, der in die bürgerlichen Haushalte einzog. Billige Abziehbilder ersetzten nun zunehmend die bemalten Glasstreifen. Unsere Zauberlaterne aus schwarz lackiertem Blech wird durch einen kleinen Petroleumbrenner beleuchtet, die entstehende Hitze über einen Schornstein abgeleitet. Sie entstand um 1900 in der 1866 gegründeten Spielzeugfabrik Ernst Plank in Nürnberg, die außer optischem Spielzeug auch Dampfmaschinen und Eisenbahnen aus Blech herstellte. Der Glaszylinder für den Brenner war, in Zeitungspapier gegen Bruch geschützt, in das Gehäuse gesteckt. Bei der Zeitung handelte es sich um die Familienbeilage der Bielefelder Volkswacht vom Juni 1931. Ob sich damals die ganze Familie mit den Kindern in der Mitte die Märchenbilder auf den beiliegenden Glasstreifen angesehen hat?